Raimund (Raymond) Altaras (Altarahs, Altarass)
1901 --
Name Raimund (Raymond) Altaras (Altarahs, Altarass) Spitzname alias: Leon Bergh, Dr. Erich Jung oder Dr. Hörmann Geboren 24 Jan 1901 Wien, Wien, Österreich Geschlecht männlich Residence von Jan 1911 bis Jul 1915 Probusgasse 2, Wien, Wien, Österreich Kaiser Franz Josef-Jubiläums-Knabenwaisenhaus Residence von 27 Jul 1915 bis 12 Aug 1915 Schlosshofergasse 25, Wien, Wien, Österreich Residence von 15 Aug 1915 bis Sep 1915 Probusgasse 2, Wien, Wien, Österreich Kaiser Franz Josef-Jubiläums-Knabenwaisenhaus Residence von Sep 1915 bis Mrz 1923 Am Tabor 22, Wien, Wien, Österreich zur Untermiete Residence von Mrz 1923 bis Nov 1923 Michelbeuerngasse 4a, Wien, Wien, Österreich Residence von Nov 1923 bis 1926 Währinger Gürtel 128, Wien, Wien, Österreich zur Untermiete Occupation/Beruf um 1924 Wien, Wien, Österreich Handelsagent /vermutlich Pelze und Leder) Event Nov 1925 Wien, Wien, Österreich Verhaftung wg. Veruntreuung von kommissionsweise anvertrauten Pelzwaren und Verheimlichung seiner Insolvenz (Die Stunde, 18.11.1925, S.4) Occupation/Beruf 1926 Währinger Gürtel 128, Wien, Wien, Österreich Kaufmann Residence von 1926 bis 28 Dez 1927 Sechsschimmelgasse 20, Wien, Wien, Österreich zur Untermiete bei seinem Schwiegervater Friedrich Spitzer. Residence von um 28 Dez 1927 bis 27 Sep 1929 Erlafstraße 8, Wien, Wien, Österreich zur Untermiete Occupation/Beruf um 1928 Wien, Wien, Österreich Gründung des "Interessenverbands Moderne Propaganda", gemeinsam mit Viktor Skutecky. Scheinbüro zur Organisation von Betrugsdelikten und Veruntreuungen. Event Jan 1930 Wien, Wien, Österreich Verurteilung wg. Veruntreuung von Kommissionswaren zu zwei Jahren schweren Kerkers. (Ostdeutsche Rundschau, 25.1.1930, S.8) Event nach Jan 1930 Stein an der Donau, Niederösterreich, Österreich Haft in der Haftanstalt Residence bis 28 Aug 1931 Lindengasse 4, Wien, Wien, Österreich Mieter in einer Pension Event Jul 1933 wird wegen wiederholter Trickbetrügereien und Hochstapelei (nach September 1931) erneut von der Grazer Polizeidirektion zur Fahndung ausgeschrieben, nun auch unter seinen falschen Namen Leon Bergh und Dr. Erich Jung. (Grazer Volksblatt, 6.7.1933, S.12) Event 4 Nov 1933 Ostrava (Mährisch-Ostrau), Moravskoslezský kraj, Tschechien Verhaftung Residence zwischen Aug 1938 und Jun 1939 Gallusplatz, St. Gallen, St. Gallen, Schweiz Haus zur Wahrheit, Flüchtlingsunterkunft Emigration 16 Aug 1938 Diepoldsau, St. Gallen, Schweiz Flucht vor NS-Verfolgung Fluchtort / Place 16 Aug 1938 Diepoldsau, St. Gallen, Schweiz Genauer Ort des Grenzübertritts unbekannt. Vermutlich Flucht von Wien über Hohenems. Fluchtursache / Reason 16 Aug 1938 Judenverfolgung Residence 1939 Spitalsgasse 8, St. Gallen, St. Gallen, Schweiz Event 20 Apr 1939 Bregenz, Vorarlberg, Österreich Von der St. Galler Kantonspolizei überstellt an die Gestapo in Bregenz Persecution/ Verfolgung von 20 Apr 1939 bis 8 Jul 1939 Bregenz, Vorarlberg, Österreich Gestapohaft Event Mai 1939 St. Gallen, St. Gallen, Schweiz Einreiseverbot in die Schweiz Persecution/ Verfolgung von 8 Jul 1939 bis 25 Sep 1939 KZ Dachau, Bayern, Deutschland KZ-Haft. Häftling Nr. 34548 Persecution/ Verfolgung von 26 Sep 1939 bis 17 Okt 1942 KZ Buchenwald, Thüringen, Deutschland KZ-Haft. Häftling Nr. 1579. Ab 4.2.1940 in der Strafkompanie, untergebracht zunächst in Block 9. Danach wurde Altaras in Block 22 mit jüdischen Häftlingen untergebracht. Ab 20. Dezember 1940 arbeitete er im Arbeitskommando 12, der „Kolonne Eickhoff“, die – soweit bekannt – Reinigungsarbeiten auf dem Lagergelände durchführen musste. Ab 18. März 1942 gehörte der dem Arbeitskommando 14 („Entwässerung“) an. Persecution/ Verfolgung 17 Okt 1942 KZ Buna-Monowitz, Auschwitz-Birkenau, Polen Deportation Persecution/ Verfolgung von 17 Okt 1942 bis 18 Jan 1944 KZ Buna-Monowitz, Auschwitz-Birkenau, Polen Häftling Nr. 68347 Persecution/ Verfolgung von 18 Jan 1944 bis 1945 KZ-Außenlager Golleschau, Goleszow, Polen Nebenlager von Auschwitz. Zwangsarbeit in einer Zementfabrik. Evakuierung des Lagers Im Januar 1945: am 18.01.1945 in Richtung Berlin; 19.01.1945 nach Plattling; 21.01.1945 nach KZ Groß-Rosen, Außenlager Brünnlitz. Wohin Raimund Altaras gelangte ist unklar. Event 1945 Hallein, Salzburg, Österreich möglicherweise Ort der Befreiung Event um Apr 1953 Graz, Steiermark, Österreich Wird unter dem Namen "Dr. Hörmann" wg. Heiratsschwindelei und Vorbereitung weiterer Betrugsdelikte verhaftet. (Wiener Kurier, 4.4.1953, S.3) Event 1965 Wien, Wien, Österreich Verbüßt eine Haftstrafe NATIONALITY Österreich Occupation/Beruf Vertreter, Hochstapler (gibt selbst Kaufmann, aber auch Journalist, Architekt und Maler als Beruf an) Residence vor 1965 Handelskai 268, Wien, Wien, Österreich Heimatzuständigkeit Sarajewo, Bosnien und Herzegowina Lebenslauf Raimund Altaras wurde am 24. Januar 1901 in Wien als Sohn von Jakob Altaras und Theresia Szeszler geboren. Seine Familie gehörte der sefardischen, türkisch-jüdischen Gemeinde in Wien an. Als er fünf Jahre alt ist, stirbt seine Mutter. 1911 wird er von seinem Vater dem Kaiser Franz Josef-Jubiläums-Knabenwaisenhaus anvertraut, wo er bis 1915 untergebracht ist.
Ab 1915 ist er an wechselnden Adressen gemeldet.
Altaras versucht sich zunächst als Handelsagent, vermutlich für Pelze und Felle. Im Juni 1924 heiratet er Henriette Spitzer aus Wien, eine Ehe, die kinderlos blieb und schon Ende 1928 wieder gelöst wurde.
1925 muss Altaras in die Insolvenz geraten sein. Und in Folge wurde er mehrfach als Betrüger und wegen Veruntreuung von Kommissionsware verhaftet und zu Haftstrafen verurteilt.
Offenbar fand er aber in seinem neuen Tätigkeitsfeld ein Auskommen, denn 1926 gehörte er zu den wenigen privaten Autobesitzern in Wien. Und um 1928 gründete er zusammen mit Viktor Skutecky den "Interessenverband Moderne Propaganda", ein Scheinbüro zur Organisation von Betrugsdelikten und Veruntreuungen. 1929 missglückte ihnen ein besonderer Coup. Im Hotel Waldegg in Baden kündigten die beiden eine gewerbliche Kunstausstellung an, für die sie hochwertige Konsumgüter und Schmuck als Ausstellungsstücke ausliehen, die sie alsbald bei Pfandleihen versetzten oder an Geschäfte verkaufen wollten. Doch ein misstrauisch gewordener Taxifahrer lieferte sie schließlich statt beim nächsten Geschäft bei der Polizei ab. Altaras wurde zu zwei Jahren Kerker verurteilt und saß in Stein an der Donau ein. Schon 1931 wieder in Freiheit gelangen ihm, inzwischen auch unten den falschen Namen Leon Bergh und Dr. Erich Jung operierend, weitere Betrugsdelikte, wegen denen er im September 1931 und wieder im Juli 1933 (nun von der Polizeidirektion Graz) zur Fahndung ausgeschrieben wurde. Altaras hielt sich zu diesem Zeitpunkt offenbar in Bratislava auf. Am 4. November 1933 wurde er offenbar in Mähren verhaftet und dem Gericht von Ostrava zugeführt.
Am 16. August 1938 flieht er wohl von Wien über Hohenems nach Diepoldsau in der Schweiz. In St. Gallen ist er zeitweise im "Haus zur Wahrheit" am Gallusplatz, dann in der Spitalsgasse 8 untergebracht.
Doch in St. Gallen, wo er Journalist als Beruf angibt, wird man auf den Haftbefehl aus dem Jahr 1933 aufmerksam, der auch im Schweizer Polizeianzeiger veröffentlicht war. Am 1. Dezember 1938 fragt das Polizeikommando des Kantons beim Eidg. Justiz- und Polizeidepartment in Bern nach, ob der Haftbefehl gegen Raimund Altaras noch besteht. Nach mehreren Anfragen Berns bei der Polizeidirektion Graz kommt am 19. Januar 1939 die Antwort: durch die Verhaftung von Altaras im November 1933 und der darauffolgenden Verurteilung habe sich der Haftbefehl im Februar 1934 erledigt.
Dennoch sitzt Altaras in St. Gallen in Untersuchungshaft und wird als "unerwünschter Ausländer" im April 1939 an die Gestapo in Bregenz überstellt. Am 8. Juli 1939 wird er schließlich von der Gestapo Bregenz ins KZ Dachau überstellt, wo er als Häftling 34548 registriert wird. Am 26. September 1939 wird er nach Buchenwald überstellt und als "Berufsverbrecher" und Jude einer Strafkompanie zugewiesen und spätestens Anfang 1940 als Häftling 1579 registriert. In Buchenwald wird er nacheinander verschiedenen Arbeitskommandos zugeteilt. Am 17. Oktober 1942 wird er schließlich nach Auschwitz deportiert und zur Zwangsarbeit im Nebenlager der IG-Farben, Buna-Monowitz, rekrutiert, wo er die Häftlingsnummer 68347 erhält. Am 18. Januar 1944 wird er ins Auschwitz-Nebenlager Golleschau überstellt, wo die Häftlinge Zwangsarbeit in einem Zementwerk leisten müssen.
1945 wird Altaras, inzwischen nach sechs Jahren im KZ wohl schwer gezeichnet, vermutlich Hallein bei Salzburg befreit, jedenfalls gibt er das später an, auch wenn es von ihm noch widersprüchliche Angaben zu den letzen Kriegsmonaten gibt, denn er behauptet an anderer Stelle, er sei am Ende in Oranienburg-Sachsenhausen inhaftiert gewesen. Einige Angaben von ihm sollten offenbar schon während der KZ-Haft falsche Spuren legen, so behauptete er in Buchenwald, er sei Architekt und der Neffe von Theodor Elkan, dem letzten Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde in Hohenems.
Auch dass er unmittelbar nach dem Krieg in Sibirien gewesen sei, wie er später angeben wird, ist eher zweifelhaft. Jedenfalls ist er spätestens Anfang der 1950er Jahre wieder nach Österreich zurückgekehrt. Denn 1953 wird er, nun unter dem Namen Dr. Hörmann, in Graz bei der Vorbereitung offenbar weiterer geplanter Betrugsdelikte und Heiratsschwindelei erneut verhaftet.
1958 erkundigt sich die Compensation Treuhand in Frankfurt beim ITS in Arolsen nach der KZ-Geschichte von Raimund Altaras. Und im Oktober 1965 auch die Gefangenhausdirektion 1 des Landesgerichtes für Strafsachen in Wien.
Denn Raimund Altaras, inzwischen Rentner, sitzt nun wieder in Haft. Die Direktion will ihn freilich wegen guter Führung entlassen und bittet um Informationen zu seiner Geschichte. Er sei nach seinen KZ-Erfahrungen gesundheitlich geschädigt und früh gealtert. Da Altaras dem österreichischen KZ-Verband nicht angehöre, sei man aber auf die Dokumente in Arolsen angewiesen. So viel ungereimtes, improvisiertes, und bewusst täuschendes Raimund Altaras in seinem Leben auch immer unternommen hatte, seine bitteren KZ-Erfahrungen in Dachau, Buchenwald, Monowitz und Golleschau standen außer Zweifel. So wird er Ende 1965 die Wiener Haftanstalt wohl verlassen haben dürfen.
Was weiter aus ihm wurde, ist freilich unbekannt.Notizen - Quellen:
Liste Flüchtlinge Diepoldsau, Jörg Krummenacher;
https://stevemorse.org/dachau/dachau.php?=&offset=58054 (26.1.2024);
Dossier Raimund Altaras im Schweizer Bundesarchiv Bern (B1449);
Unterlagen des ITS in Arolsen;
Informationen der Gedenkstätte Buchenwald;
Personen-Kennung I58103 Zuletzt bearbeitet am 26 Feb 2024
Vater Jakob (Jacques) Altaras, geb. 18 Jul 1855, Wien, Wien, Österreich , gest. 23 Okt 1928, Wien, Wien, Österreich (Alter 73 Jahre) Mutter Theresia (Therese) Szeszler (Sessler), geb. 8 Jul 1870, Istanbul (Konstantinopel), Istanbul, Türkei , gest. 9 Jun 1906, Wien, Wien, Österreich (Alter 35 Jahre) Familien-Kennung F8716 Familienblatt
Familie Henriette Spitzer, geb. 3 Apr 1900, Wien, Wien, Österreich , gest. 23 Sep 1992, Rockville, Maryland, United States (USA) (Alter 92 Jahre) Verheiratet 22 Jun 1924 Währing, Wien, Wien, Österreich Geschieden 23 Okt 1928 Wien, Wien, Österreich Zuletzt bearbeitet am 14 Feb 2024 Familien-Kennung F8732 Familienblatt
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