Frieda Nagelberg
1889 - 1942-1945 (55 Jahre)-
Name Frieda Nagelberg Geboren 30 Nov 1889 Stryi, (Galizien), Ukraine Geschlecht weiblich Immigration 1896 Hohenems, Vorarlberg, Österreich Residence von Aug 1929 bis 02 Jun 1936 Dornbirn, Vorarlberg, Österreich Residence bis Aug 1929 Schweizerstraße 23 (Sulzerstraße 14), Hohenems, Vorarlberg, Österreich Religion 03 Apr 1930 Dornbirn, Vorarlberg, Österreich Konversion, getauft, Beitritt zur Adventgemeinde (Sieben-Tage-Adventisten) Event 1935 erwerbsunfähig aufgrund einer schweren Krankheit
Occupation/Beruf Hausgehilfin, Nachstickerin, Büglerin Residence um 1936 bis 27 Feb 1942 Kaiserin-Elisabeth-Straße 2, Hohenems, Vorarlberg, Österreich Versorgungsheim der Gemeinde Hohenems Persecution/ Verfolgung 27 Feb 1942 Wien, Wien, Österreich Zwangsumsiedlung Persecution/ Verfolgung 09 Apr 1942 KZ Ghetto Izbica, Polen Deportation Lebenslauf Frieda Nagelberg wurde am 30. November 1889 in Stryi, im damaligen Galizien im Osten der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, geboren, als Tochter von Joel Nagelberg und Scheindl Eisenstein. Die Familie war arm, der Vater zog 1896 nach Hohenems und ließ 2 Jahre später seine Frau und Tochter nachkommen.
Joel Nagelberg arbeitete als Hausierer für Kleider und Wäsche. Er war fromm und hatte deshalb oft Streit mit der liberalen jüdischen Gemeinde in Hohenems. Er hatte darauf gehofft, Kantor der Gemeinde zu werden. Doch der Vorstand hatte Jakob Weil ihm vorgezogen. Immer wieder kam es in der Folge zu heftigen Zusammenstößen zwischen dem orthodoxen Nagelberg und Mitgliedern des Gemeindevorstand, wie auch Rabbiner Tänzer, der sich gegen Nagelbergs Angriffe mit Beleidigungsklagen wehrte. Nagelberg wurde zeitweise die Hausiererlaubnis entzogen, Scheindl Nagelberg musste die Familie über Wasser halten. Als Joel Nagelberg 1924 starb, hinterließ er seine Familie fast mittellos.
Stryi, der Heimatort der Familie, lag nun, nach dem Ende des ersten Weltkriegs, in Polen. Die Familie hatte, trotz des langen Aufenthaltes in Hohenems, keine österreichische Staatsbürgerschaft erhalten.
Frieda arbeitete als Nachstickerin in Heimarbeit und besserte Fehler aus. 1929 zog sie nach Dornbirn und begann als Haushaltsgehilfin zu arbeiten. Sie hatte verschiedenste Dienststellen und konnte mehr schlecht als recht, ihren Lebensunterhalt verdienen.
1928 hatte Frieda erneut um die Staatsbürgerschaft angesucht und sie schließlich 1930 erhalten. In diesem Jahr schloss sie sich in Dornbirn auch einer christlichen Glaubensgemeinschaft an, den Adventistinnen, und ließ sich taufen. In der Gemeinschaft fand sie offenbar Unterstützung. Und die Adventisten hielten den Schabbat.
1931 starb ihre Mutter an einem Herzinfarkt. Frieda selbst erkrankte 1936 schwer und konnte nicht mehr arbeiten. Mittellos wurde sie wieder in Hohenems aufgenommen und kam im Versorgungsheim der Marktgemeinde unter. Als Adventistin wurde sie nun nicht mehr von der jüdischen Kultusgemeinde aufgenommen, sondern von der öffentlichen Fürsorge versorgt. Bezüglich ihrer Religionszugehörigkeit in dieser Zeit liegen im Übrigen Zeitzeugenberichte vor, wonach sie sich bereits von den Adventisten ab- und dafür den Zeugen Jehovas in Dornbirn zugewendet haben soll, wie im Beitrag von Harald Walser und Esther Martinet nachzulesen ist, die sich auf den damals illegalen Leiter der Dornbirner Zeugen Jehovas, Johann Brotzge, berufen.
Nach dem Anschluss Österreichs an das deutsche Reich wurden alle Juden amtlich erfasst. Der Bürgermeister von Hohenems Josef Wolfgang meldete im Januar 1939 noch zwei Volljüdinnen, die er bei der ersten Meldung übersehen hatte. Frieda Nagelberg und Gisela Figdor, beide getauft, beide im Versorgungsheim wohnhaft. Frieda bekam am 10. Februar eine Kennkarte, ein großes J wies die Inhaberin als Jüdisch aus, das Foto auf der Kennkarte ist das einzige, das von ihr erhalten ist. Zudem musste sie nun noch den zweiten Vornamen Sarah annehmen, wie er nun für jüdische Frauen vorgeschrieben war.
Im Frühjahr 1940 wurden die letzen Juden von Vorarlberg nach Wien ausgesiedelt. Doch Frieda war wegen ihrer Religionszugehörigkeit auf der Namensliste nicht dabei. Sie arbeitete im Versorgungsheim als Wäscherin.
Um dafür zu sorgen, dass auch "die letzte Jüdin Vorarlberg verlässt", bot der Bürgermeister nun sogar an, die Fahrtkosten selbst zu tragen. Doch die Deportation zog sich hin. Am 27. Januar 1942 wurde ihr noch ein Judenstern zugestellt mit der Aufforderung, diesen sofort aufzunähen und dauernd zu tragen.
Und am 25. Februar 1942 erwirkte Bürgermeister Wolfgang, dass Frau Nagelberg „nach Wien in Marsch zu setzten sei“. Am 24. Februar wurde die Frau Oberin im Versorgungsheim benachrichtigt, dass Frau Nagelberg am nächsten Tag abgeholt werde. Er beauftragte sie, ihr Verpflegung für 2 Tage mitzugeben und kündigte an, dass der Abmeldeschein noch zugestellt werde. Sie war gesundheitlich nicht in der Lage alleine zum Zug zu gehen und wurde extra von einem Gendarmen begleitet.
Anna Mathis, die Wirtin des Gasthaus Habsburg erinnerte sich daran, wie gut Frieda Nagelberg in der Küche gearbeitet hatte. Alle dort hätten gebettelt, dass sie doch da bleiben könne.
Frieda wurde, kaum in Wien angekommen, sofort ins Lager Izbica im Süden Polens deportiert, mit Datum vom 9. April 1942. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Frieda Nagelberg dieses Lager noch lebend verlassen hat.Gestorben 1942-1945 KZ Ghetto Izbica, Polen Ursache: ermordet, Holocaust Notizen - Quellen
B: {SM 1920} | {HM330} - Quellen:
Harald Walser und Esther Martinet: Widerstand an der Grenze. Die Zeugen Jehovas in Vorarlberg (1933 - 1945) in: Die Zeugen Jehovas in Vorarlberg, 1933-1945. In: Wanner, Gerhard (Hrsg.): Vorarlberg und Europa (= Schriftenreihe der Rheticus-Gesellschaft 80). Feldkirch 2019, S. 215-235, bzw. https://www.malingesellschaft.at/pdf/walser-zeugen-jehovas S. 12.
Werner Matt: "'Warum blieb er da, wohin ihn niemand gerufen hat?' Joel Nagelberg und seine Familie in Hohenems", in: Thomas Albrich: Wir lebten wie sie. Jüdische Lebensgeschichten aus Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1999, S. 13-26;
Werner Matt: "'...lege ich größten Wert darauf, daß diese letzte Jüdin das Land Vorarlberg verläßt' - Frieda Nagelberg", in: Thomas Albrich: Wir lebten wie sie. Jüdische Lebensgeschichten aus Tirol und Vorarlberg. Innsbruck 1999, S. 271-288;
Quellenangaben: D, AJ, KB, Ze, ff, TW, ff/d, Din
Personen-Kennung I1164 Zuletzt bearbeitet am 20 Nov 2023
Vater Joel Nagelberg, geb. 1851, Bil'shivtsi (Bolszowce), (Galizien), Ukraine , gest. 06 Feb 1924, Hohenems, Vorarlberg, Österreich (Alter 73 Jahre) Mutter Scheindl Eisenstein, geb. 1853, Hrabovets (Grabowce), (Galizien), Ukraine , gest. 29 Jul 1931, Hohenems, Vorarlberg, Österreich (Alter 78 Jahre) Verheiratet 1872 Stryi, (Galizien), Ukraine Familien-Kennung F2296 Familienblatt
Kinder 1. Dim (Verstorbenes Kind) Nagelberg, gest. 6 Jul 1920 Zuletzt bearbeitet am 18 Jun 2020 Familien-Kennung F6789 Familienblatt
- Quellen
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Ereignis-Karte = Link zu Google Maps = Link zu Google Earth Pin-Bedeutungen : Adresse : Ortsteil : Ort : Region : (Bundes-)Staat/-Land : Land : Nicht festgelegt
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Fotos Frieda Nagelberg, um 1938
Frieda Nagelberg, um 1938
Foto auf einem Antrag zur Ausstellung einer Kennkarte, 23.1.1939
Dokumente Antrag zur Ausstellung einer Kennkarte, 23.1.1939
Antrag zur Ausstellung einer Kennkarte, 23.1.1939
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