Name | Lilli (Elisabeth Margaretha) Schreiber | |
Geboren | 23 Sep 1874 | Praunfalk, Bad Aussee, Steiermark, Österreich |
Geschlecht | weiblich | |
Occupation/Beruf | Berlin, Berlin, Deutschland | |
Inhaberin der Fa. Wiener Kunstgewerbeatelier L.&R. Baitz | ||
Occupation/Beruf | Kunstgewerblerin, Unternehmerin | |
Religion | 1888 | Merano/Meran, Trentino-Alto Adige/Trentino-Südtirol, Italien |
Konversion, getauft, römisch-katholisch | ||
Lebenslauf | Lilli Baitz wurde 1874 als Tochter des jüdischen Arztes Josef Schreiber und der Schriftstellerin Clara Schreiber, geb. Hermann, in Bad Aussee geboren. Die Familie lebte in Bad Aussee, wo Josef Schreiber sich als führender Kurarzt etabliert hatte und Clara Schreiber die "Steirische Alpenpost" begründete, sowie in Meran, wo Josef Schreiber ein Sanatorium führte. 1888 ließ die Familie sich in Meran römisch-katholisch taufen. Ein sehr enges freundschaftliches Verhältnis bestand zeitlebens zu ihrer älteren Schwester Adele, die nach ihrer Übersiedlung nach Berlin 1897 als Journalistin, Vortragsreisende und Politikerin (ab 1920 für die SPD im Reichstag) für Frauenrechte in der Gesellschaft stritt. Ihre Ausbildung erfuhr Lilli Baitz in Mädchen-Pensionaten in Paris und Stuttgart, an verschiedene privaten Kunstschulen in Florenz und München und als Hospitantin an der k. k. Kunstgewerbeschule in Wien in der Fachklasse für Architektur bei Prof. Josef Hoffmann. In ihren Jugendjahren knüpfte Lilli Baitz zahlreiche Kontakte im Freundeskreis der Eltern, darunter führende österreichische, liberal gesinnte Künstler und Politiker, die als Kurgäste in den Sanatorien Aussee und Meran verkehrten, so Eduard von Bauernfeld, Ludwig August Frankl, Ritter von Hochwart, Ferdinand Gross und Max Nordau. 1902 heiratete sie Roman Baitz, mit dem sie nach dem Tod ihrer Eltern vergeblich versuchte, die verschuldeten Sanatorien in Bad Aussee und Meran weiterzuführen. 1910 wird der gesamte Besitz in Bad Aussee und Meran versteigert. Schon ein Jahr zuvor zieht Lilli Baitz mit ihrem Mann nach Berlin. Gemeinsam gründen sie die "Wiener Kunstgewerbeateliers „Lilli“, L. & R. Baitz". Zu ihren wichtigsten Kunden gehören große Warenhäuser in Europa und Übersee, die von ihnen hochwertige, sehr kreativ und professionell gestaltete Puppen- und Kulissenarrangements für die Dekoration großer Kaufhausschaufenster und Atrien herstellen lassen. Lilli Baitz ist der künstlerische „Kopf“ des Unternehmens, Roman Baitz kaufmännischer Leiter. 1920 kommt ein österreichischer Standort in Salzburg/Parsch dazu. Auch in die USA knüpfen sie gute Geschäftsbeziehungen. Ihre Arbeiten sind auf amerikanischen Messen, wie auf Ozeandampfern präsent. Daneben gewinnt die Herstellung von Krippen und Krippenfiguren in Trachten in der Salzburger Zeit an Bedeutung. 1930 stirbt Roman Baitz und Lilli Baitz gibt den Standort in Salzburg auf, übergibt die Geschäftsleitung in Berlin wenig später vertrauten Mitarbeitern und übersiedelt selbst wieder nach Bad Aussee. Ihre engste persönliche Freundin war in all diesen Jahren die Ausseerin Paula Schmidl, die in Berlin und Salzburg als Privatsekretärin mit dem Ehepaar Baitz lebte und ab 1932 den Haushalt mit Lilli Baitz in Bad Aussee teilte. Dort hatte sich Lilli Baitz ein eigenes Landhaus bauen lassen. Trotz der endgültigen Arisierung des Berliner Ateliers 1938, konnten die führenden Mitarbeiter und Vertrauten Lilli Baitz' (Gudrun Schemell und Paul Friedel) in der Firma weiter arbeiten und Lilli Baitz blieb im Hintergrund weiterhin der kreative Kopf des Unternehmens. Dann entdeckte die „Reichsbahnzentrale für den Deutschen Reiseverkehr“ die Propaganda-Wirksamkeit der Produkte und deklarierte das Atelier als kriegswichtigen Betrieb. Ab 1938, nach der nationalsozialistischen Machtübernahme in Österreich, erlebt Lilli Baitz in Bad Aussee die Diskriminierung und Verfolgung der Juden immer stärker am eigenen Leibe. Trotz jahrelanger Anstrengungen und Interventionen durch Paula Schmidl erreicht sie schließlich doch 1942 der Deportationsbefehl. Am 14. August 1942, am Vorabend ihrer Deportation, nimmt Lilli Baitz sich in ihrem Haus, dem Sonnenhäusl, in Bad Aussee das Leben. Nach dem Krieg kommt es im Jahr 1946 zur Neugründung des Ateliers durch Gudrun Schemell, Paul Friedel und Paula Schmidl. Das „Kunststgewerbeatelier Baitz Nachfolger“, mit Sitz in Bregenz, wird in den 1950er und 1960er Jahren mit der so genannten Baitz-Puppe, einer kleinen Souvenirtrachtenpuppe erfolgreicher denn je und international bekannt, ein österreichischer Markenartikel. Die Geschichte von Lilli Baitz bleibt viele Jahre vergessen. Erst drei Ausstellungen in den Jahren 2005, 2009 und 2010 holen ihr Werk - aber auch ihre Lebensgeschichte - schrittweise wieder in die Öffentlichkeit. Quellen und Literatur: Kurzbiografie von Barbara Motter (http://www.univie.ac.at/biografiA/daten/text/bio/Baitz_Lilli.htm) Barbara Motter, "Zwischen Alpenheim und „Sonnenhäusl“. Die ungeschriebene Geschichte von Lilli Baitz", in: Hanno Loewy / Gerhard Milchram (Hg.): Hast Du meine Alpen gesehen? Eine jüdische Beziehungsgeschichte, Ausstellungskatalog, Hohenems 2009; S. 209-S. 217. Nachlässe: Nachlass Paula Schmidl, Privatbesitz Nachlass Gudrun Schemell, Jüdisches Museum Hohenems Nachlass der Firmen L. & R. Baitz und L. & R. Baitz Nachfolger, Puppenmuseum Blons | |
Gestorben | 14 Aug 1942 | Am Schwabenwald 110, Bad Aussee, Steiermark, Österreich |
Notizen |
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Personen-Kennung | I12561 | Hohenemser Genealogie | Meraner Familien |
Zuletzt bearbeitet am | 1 Jul 2024 |
Vater | Josef Schreiber, geb. 16 Mrz 1835, Ceská Lípa (Böhmisch Leipa), Liberecky kraj, Tschechien , gest. 27 Sep 1908, Bad Aussee, Steiermark, Österreich (Alter 73 Jahre) | |
Mutter | Clara Aloisia Hermann, geb. 27 Okt 1848, Wien, Wien, Österreich , gest. 2 Mai 1905, Merano/Meran, Trentino-Alto Adige/Trentino-Südtirol, Italien (Alter 56 Jahre) | |
Verheiratet | 1867 | |
Familien-Kennung | F31659 | Familienblatt |
Familie | Roman Baitz, geb. 24 Feb 1887, Rusca Montana (Rußberg), Rumänien , gest. 20 Aug 1930, Salzburg, Salzburg, Österreich (Alter 43 Jahre) | |
Verheiratet | 1902 | |
Zuletzt bearbeitet am | 24 Feb 2021 | |
Familien-Kennung | F31865 | Familienblatt |
Ereignis-Karte |
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Pin-Bedeutungen | : Adresse : Ortsteil : Ort : Region : (Bundes-)Staat/-Land : Land : Nicht festgelegt |
Fotos | Lilli Baitz, 1900 Lilli Baitz Bad Aussee, 1900 | |
Lilli Baitz, 1901 Lilli Baitz Atelier B. Johannes, Meran, 1901 | ||
Adele Schreiber und Lilli Baitz, 1935 Adele Schreiber und Lilli Baitz Bad Aussee, 1935 | ||
Lilli Baitz, 1939 Lilli Baitz vor dem Sonnenhäusl in Bad Aussee, 1939 (Von links nach rechts: Rosa Schmidl, Paula Schmidl, Gallus Schmidl, Lilli Baitz, Maria Schmidl) | ||
Lilli Schreiber, 1900 Lilli Schreiber, 1900 |