Ernst Hartwig Kantorowicz

Ernst Hartwig Kantorowicz

männlich 1895 - 1963  (68 Jahre)

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  • Name Ernst Hartwig Kantorowicz 
    Geboren 3 Mai 1895  Poznan (Posen), Großpolen, Polen Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Geschlecht männlich 
    Occupation/Beruf Mediävist, Hochschullehrer, Schriftsteller 
    Lebenslauf Ernst Kantorowicz wurde am 3. Mai 1895 in Posen als Sohn des großbürgerlichen Spirituosenfabrikanten Joseph Kantorowicz und seiner Frau Clara Hepner geboren. Seine Cousine war die Lyrikerin Gertrud Kantorowicz. 1913 machte er das Abitur und begann eine kaufmännische Lehre in Hamburg. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, meldete sich Kantorowicz freiwillig und war seit September des Jahres bei Verdun eingesetzt. 1917 wurde er zum Asien-Korps in die Türkei abkommandiert. Nach Kriegsende schloss er sich einem Freikorps in Posen und Westpreußen an (Posener Aufstand). Im Januar 1919 beteiligte er sich in Berlin an der blutigen Niederschlagung des Spartakusaufstands, im März war er gegen die Münchner Räterepublik eingesetzt. 1918/1919 studierte er ein Semester an der Berliner Universität, bevor er Anfang 1919 an die Universität München wechselte. Schon zum nächsten Wintersemester ging er dann nach Heidelberg, wo er weiter Nationalökonomie und Alte Geschichte studierte.
    In Heidelberg lernte er Angehörige des George-Kreises und auch den berühmten Dichter Stefan George selbst kennen. Besonders mit Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband, mit dem er auch eine Zeitlang zusammen wohnte, war er gut befreundet bzw. wohl auch in einer Liebesbeziehung verbunden. Zudem verband ihn eine enge Beziehung mit den Brüdern Alexander, Berthold und Claus von Stauffenberg, die anregend und beratend auch an der Arbeit von Kantorowiczs Monographie über den Staufer-Kaiser Friedrich II. mitwirkten. 1921 wurde Kantorowicz in Heidelberg bei Eberhard Gothein mit einer wirtschaftsgeschichtlichen Arbeit über muslimische Handwerkerverbände promoviert. Bis 1930 unterrichtete er dann als Privatdozent an der Universität Heidelberg. Gemeinsam mit George, der bei Kantorowicz wohnte, wenn er in Heidelberg war, fasste er den Plan zu einer Biographie des Stauferkaisers Friedrich II. – obwohl er sich während des Studiums nicht mit dem Mittelalter beschäftigt hatte. Für das Werk holte er sich Anregungen vor allem von Wilhelm Stein und dessen ebenfalls tief vom George-Kreis beeinflussten Buch über Raffael, das Kantorowicz zutiefst beeindruckte. Im Juli 1926 hatte er das Manuskript schließlich fertig, 1927 wurde es im Georg Bondi Verlag mit dem Signet von Georges Blättern für die Kunst veröffentlicht. In der Vorbemerkung bekannte sich der Autor zum Geheimen Deutschland.
    Von 1930 bis 1932 war er als Honorarprofessor an der Universität in Frankfurt am Main tätig, bevor er von 1932 bis 1934 an gleicher Stelle Ordentlicher Professor für mittelalterliche und neue Geschichte wurde. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 war Kantorowicz von den Bestimmungen des am 7. April 1933 erlassenen Berufsbeamtengesetzes, demzufolge „Beamte, die nicht arischer Abstammung sind, [...] in den Ruhestand“ versetzt wurden, zunächst aufgrund des „Frontkämpferprivilegs“ nicht betroffen. Dennoch reichte er beim zuständigen Minister ein Beurlaubungsgesuch für das folgende Semester ein, mit der Begründung: „Denn solange jeder deutsche Jude [...] schon durch seine Herkunft fast für einen ‚Landesverräter‘ gelten kann; solange jeder Jude als solcher rassenmäßig für minderwertig erachtet wird; solange die Tatsache, überhaupt jüdisches Blut in den Adern zu haben, zugleich einen Gesinnungsdefekt involviert; [...] solange daher jeder deutsche und national gesinnte Jude [...] seine nationale Gesinnung eher schamhaft verbergen muß, als daß er sie unbefangen kundtun dürfte: solange erscheint es mir als unvereinbar mit der Würde des Hochschullehrers, sein nur auf innerer Wahrheit begründetes Amt verantwortlich zu versehen [...].“
    Im Sommersemester hielt er nur ein privates Seminar in seiner eigenen Wohnung. Zum Wintersemester 1933/34 nahm er die Lehrtätigkeit mit einer Vorlesung über Das Geheime Deutschland wieder auf. Hier bekannte er sich – Vorstellungen des George-Kreises entsprechend – zu einem geheimen Reich der toten und lebenden deutschen Kaiser, Helden und Künstler und wandte sich somit implizit vom neuen Staat Hitlers ab.
    Da die Vorlesung jedoch nicht publiziert wurde, kam sie um eine weitere, öffentliche Wirkung. Schon bald begannen daraufhin nationalsozialistisch gesinnte Studenten, seine Vorlesungen zu stören. Zum 1. November 1934 wurde er emeritiert. Abgesehen von einer Gastprofessur 1934 an der Universität Oxford, wo er mit Maurice Bowra Freundschaft schloss, lebte er als Privatgelehrter in Berlin.
    1938 emigrierte Kantorowicz von Berlin nach Oxford und von dort aus 1939 in die USA. Seine Mutter wurde 1942 beim Versuch bei Hohenems in die Schweiz zu fliehen verhaftet und in das Ghetto Theresienstadt verschleppt und dort 1943 ermordet. 1939 erhielt er in Berkeley zunächst einen Lehrauftrag für mittelalterliche Geschichte, 1945 dann eine Professur und wurde eingebürgert. Dort verlangte die Universität 1949 von ihren Angehörigen den von Senator Joseph McCarthy geforderten antikommunistischen Loyalitätseid (McCarthy-Ära). Als Kantorowicz sich – „die deutschen Erfahrungen vor Augen“ – weigerte, diesen zu unterschreiben, wurde er mit 21 weiteren Fakultätsmitgliedern entlassen. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte er mit Alexander von Stauffenberg eine jahrelang unterbrochene Korrespondenz fort, in der er den Münchner Historiker anregte, den von seinen Brüdern Claus und Berthold von Stauffenberg versuchten Tyrannenmord vom 20. Juli 1944 dichterisch zu bearbeiten, was dieser auch unternahm.
    Nach seiner Entlassung in Berkeley wurde ihm auf Veranlassung von Harold Cherniss 1951 eine Professur am renommierten, von Robert Oppenheimer geleiteten Institute for Advanced Study in Princeton (New Jersey) angeboten, wo er bis zu seinem Tod blieb. 1958 wurde Kantorowicz in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. Seit 1957 war er gewähltes Mitglied der American Philosophical Society.
    Eine kollegiale Freundschaft verband Kantorowicz in Princeton mit J. Robert Oppenheimer, Erich Kahler sowie George F. Kennan, dem Architekten der amerikanischen Containment-Politik, dessen vielfach ausgezeichnete Diplomatiegeschichte Russia Leaves the War (1956) Kantorowicz vor der Veröffentlichung gelesen und kollegial kommentiert hatte. Zu seinen Schülern gehörte Robert L. Benson.
    Seine Asche wurde bei Little Maho auf Saint John in die Karibik verstreut. Ulrich Raulff wählte 2009 für das Umschlagbild zu seinem Buch "Kreis ohne Meister". Stefan Georges Nachleben ein Foto der Bucht.

    Schriften:
    Kaiser Friedrich der Zweite. Georg Bondi, Berlin 1927 (Werke der Wissenschaft aus dem Kreise der Blätter für die Kunst, Geschichtliche Reihe; Ergänzungsband Quellen und Nachweise: Berlin 1931).
    Das Geheime Deutschland. Vorlesung, Frankfurt 1933 (Volltext: Das Geheime Deutschland).
    Laudes regiae. A Study in Liturgical Acclamations and Medieval Ruler Worship. Berkeley/Los Angeles 1946.
    The King’s Two Bodies. A Study in Mediaeval Political Theology. Princeton 1957.
    Die zwei Körper des Königs. Eine Studie zur politischen Theologie des Mittelalters. Übersetzung Walter Theimer. Vorwort Josef Fleckenstein. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1990.
    Götter in Uniform. Studien zur Entwicklung des abendländischen Königtums. Herausgegeben von Eckhart Grünewald und Ulrich Raulff, Stuttgart 1998.

    Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ernst_Kantorowicz (30.12.2022) 
    Gestorben 9 Sep 1963  Princeton, New Jersey, United States (USA) Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort 
    Notizen 
    Personen-Kennung I56768 
    Zuletzt bearbeitet am 29 Jan 2024 

    Vater Joseph Kantorowicz,   geb. 14 Dez 1848, Poznan (Posen), Großpolen, Polen Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort,   gest. 8 Feb 1919, Berlin, Berlin, Deutschland Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  (Alter 70 Jahre) 
    Mutter Clara (Klara) Hepner,   geb. 5 Jul 1862, Jaraczewo (Jarotschin), Großpolen, Polen Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort,   gest. 10 Feb 1943, KZ Theresienstadt (Terezin), Tschechien Suche alle Personen mit Ereignissen an diesem Ort  (Alter 80 Jahre) 
    Familien-Kennung F7898  Familienblatt

  • Ereignis-Karte
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